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Oper in zwei Akten, acht Bildern und einem Epilog
Libretto von Alexander Medwedew
Nach der gleichnamigen Novelle von Zofia Posmysz
Musik von Mieczysław Weinberg
In deutscher, polnischer, russischer, französischer, tschechischer,
jiddischer und englischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Nominiert für den Theaterpreis DER FAUST 2019 (Kategorie: Beste Regie)
In der Reihe Wider das Vergessen
„Ich war eine ehrliche Deutsche. Ich bin stolz, denn ich habe meine Pflicht getan!“
Lisa
Im Jahr 1960 begeben sich der bundesdeutsche Diplomat Walter Kretschmar und seine Frau Lisa an Bord eines Ozeandampfers, der sie nach Südamerika bringen soll. Bei einem Spaziergang auf dem Deck fährt Lisa plötzlich der Schrecken in die Glieder, meint sie doch in einer anderen Passagierin Martha wiederzuerkennen, ehemals jüdische Gefangene im KZ Auschwitz. Dort war Lisa einst als Aufseherin tätig gewesen. Böse Erinnerungen ergreifen sie. Walter jedoch weiß nichts von der dunklen Vergangenheit seiner Gattin.
Die Oper handelt von Schuld und der Unmöglichkeit ihrer Verdrängung, aber auch von der Verantwortung nachfolgender Generationen, die Erinnerung an das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte wachzuhalten. Zugleich geht es um die zeitlose Kraft der Liebe und der Musik.
Mieczysław Weinberg (1919-1996) komponierte Die Passagierin 1968 nach dem Roman der polnischen Auschwitz-Überlebenden Zofia Posmysz (1923-2022). Der mit Weinberg eng befreundete Dmitri Schostakowitsch befand: „Ich werde niemals aufhören, mich für Weinbergs Oper zu begeistern. […] jedes Mal begriff ich mehr von der Schönheit und Größe dieser Musik. Sie ist ein Meisterwerk, perfekt in Form und Stil.“
Die szenische Uraufführung 2010 in Bregenz fand international große Beachtung; in Ostthüringen wird die bislang fünfte Inszenierung der Passagierin zu erleben sein.
>>> MDR Klassik Interview mit Kay Kuntze, Laurent Wagner, Felix Eckerle
„Dem Theater Gera gelingt mit Mieczyslaw Weinbergs Oper ‚Die Passagierin‘ ein großartiges Fanal wider das Vergessen. [...] Keinen Schlussvorhang, keinen Applaus gibt es am Ende. Voller Ergriffenheit verlassen die Zuschauer schweigend den Saal und tragen im Sinn eine Warnung und im Herzen die allermenschlichste Regung davon, die pietas. Dergleichen habe ich in 35 Jahren als Opernbesucher niemals erlebt. Diese Produktion adelt die Stadt, ihre Bürger und ihr kleines Theater, das so etwas Unglaubliches zu leisten vermag. [...] Kuntzes waghalsig-genialer Regiekniff, beide Ebenen [auf dem Schiff und im KZ] zu verschmelzen, gelingt völlig, ohne Missverständnisse zu erzeugen. [...] So konsequent deutet Kuntze das transitorische Moment der Überfahrt. Das heißt: Historie ist nach dieser geschichtspolitischen Lesart nie vergangen und begraben, sondern bleibt Teil der Gegenwart. [...] Auch musikalisch glückt eine voll überzeugende Leistung. GMD Laurent Wagner kostet im Verein mit seinen vorzüglich einstudierten Philharmonikern viele Details vom zartesten, luftigen Flageolett bis hin zu derbesten Blechbläser-Sforzati aus. Die Solisten und der Chor singen auf einem Niveau, wie es einem Haus dieser Größe zur Ehre gereicht.“
Wolfgang Hirsch, OTZ/ TLZ, März 2019„In der direkten Akustik des Theaters Gera gibt es kein Entrinnen vor der Gewalt dieses Sujets und seines historischen Hintergrunds. […] GMD Laurent Wagner mit dem Philharmonischen Orchester Altenburg-Gera und Generalintendant Kay Kuntze auf der Bühne schaffen eine Atmosphäre von düster-beklemmender und dabei weicher, gefährlicher Starre. […] Mit seiner packenden Sängerdarstellerin Annette Schönmüller macht Kuntze die Steigerung von der vagen Vermutung, die Lisa bei der ersten Begegnung mit der vermeintlichen Marta auf dem Schiff hat, hinein in den Verdacht, die Verlustängste und dann in den doch aufflammenden Widerstandsgeist zum Mittelpunkt des Abends. […] Marta hat am Ende das längste und von Anne Preuß bewegend gesungene Solo. Denn die Titelfigur bleibt jener Vergangenheit verbunden, die Lisa überwinden will. Einmal mehr beweist das Theater Altenburg-Gera, dass Musiktheater als Forum für politische Bewusstmachung noch lange nicht am Ende ist. Die Leistung des Opernchors unter Gerald Krammer hat daran einen bedeutenden Anteil.“
Roland H. Dippel, concerti, März 2019„ ‚Die Passagierin‘ ist mal ganz große Oper, mal kammermusikalisch sensibel, mal brachial melodisch, vor allem in einem Walzer, der sehr unter die Haut geht. Das hat das Philharmonische Orchester Altenburg-Gera unter ihrem GMD Laurent Wagner übrigens ziemlich grandios umgesetzt. […] Eine tödliche Kasernenhofatmosphäre als Kontrast zum Luxusdampfer – und beides ineinander gespiegelt, das hat große Wirkungskraft. […] In seiner Regie hat Kuntze ganz auf den Inhalt vertraut – grauenhafte Brutalität der SS-Schergen gegen die mit ihren kahlgeschorenen Köpfen völlig ausgeliefert wirkenden Frauen. Und andererseits die Sucht der Täterin nach Absolution. […] Anne Preuß als Gefangene Marta singt und spielt ergreifend, ihr Ausgeliefertsein, ihr Leiden geht zu Herzen, ohne manieriert zu sein. Eine große Stimme, viel Kraft, auch sensible Empathie – da hat sie sehr überzeugt. Die reisende Ex-Aufseherin hat Annette Schönmüller im ständigen Wechsel von Schiffspassage und KZ-Erzählung gegeben, eine treffliche Charakterstudie.“
Michael Ernst, MDR KULTUR, März 2019„Kay Kuntze belehrt mit seiner Inszenierung nicht, sondern er erzählt die Geschichte der Oper in eindrucksvollen Bildern. Die Szenen im Lager werden absolut wirklichkeitsnah erzählt. Zudem wird die Oper in ihrer siebensprachigen Fassung zu einem multilingualen Ereignis, die das Leben im Lager umso erfahrbarer und eindringlicher gestalten. [...] Annette Schönmüller porträtiert Lisa als eine kaltblütige, berechnende Deutsche, die ganz hinter der NS-Ideologie steht und trotz kalkulierender Berechnung Dankbarkeit von den Insassinnen fordert. Die Mezzosopranistin war mit einer stechenden Prägnanz in ihrer Stimme bravourös in dieser Rolle und wurde den enormen stimmlichen Anforderungen gerecht. [...] Anne Preuß’ lyrische Stimme trifft den Nerv ihrer Rolle bis ins Mark. Zart, einfühlsam und traurig gestaltete sie Marta, jedoch nicht ohne eine gewisse Hoffnung in die Stimme zu legen. Die Sopranistin lieferte eine gesanglich durchweg berührende, geradezu erschütternde Darstellung ab. [...] Dem Orchester unter GMD Laurent Wagner verlangte ein solches Stück einiges ab – umso erfreulicher war daher dessen Spielfreude, musikalische Präsenz und differenzierte Interpretation der Musik. Man erkennt einen respektvollen und ehrerbietenden Umgang mit Weinbergs Musik. [...] In der Reihe ‚Wider das Vergessen‘ reiht sich Die Passagierin als wohl bewegendste Produktion dieser Spielzeit ein.“
Alexandra Richter, bachtrack, März 2019„Der Oper in Gera gelingt eine spektakuläre Inszenierung. ‚Die Passagierin‘ von Mieczysław Weinberg (1919-1996) ist eine Jahrhundertoper. Nicht, weil da einer die Musiksprache des 20. Jahrhunderts revolutioniert hätte. Er kommt aber dem Zivilisationsbruchmitten im 20. Jahrhundert so nah, dass es einem die Sprache verschlägt. Regisseur Kay Kuntze und sein Ausstatter Martin Fischer haben mit ihrem Drehbühnenkonstrukt das Kunststück vollbracht, sowohl vom Überseedampfer, als auch vom Lager eine Vorstellung zu vermitteln, ohne dabei allzu naturalistisch zu werden oder sich von der Assoziation der konkreten Räume ins Unverbindliche zu entfernen. Die Oper bezieht ihre Überzeugungskraft aus einer spürbaren Authentizität und der Verknüpfung von Opfer- und Täterperspektive. So wie man über die vokale Qualität des Protagonisten-Ensembles nur staunen kann, lässt sich auch das Philharmonische Orchester Altenburg-Gera unter Leitung des Generalmusikdirektor Laurent Wagner mit Präzision und Hingabe sowohl auf den lakonischen Parlandoton als auch das unverstellte Pathos ein oder wechseln souverän zu Zitaten und schlichten Liedern.“
Joachim Lange, Freie Presse/ Mitteldeutsche Zeitung, März 2019„Einen tiefen Eindruck hinterlassen die Szenen in der Frauen-Baracke, für die Lisa zuständig ist. Es rerrscht Solidarität, Mitgefühl. Tische dienen mal als Gefängnisbetten, mal als Proklamationsbühnen, auf denen die Frauen ihre Träume für die ihnen geraubte Zukunft ausrufen. Das trifft sehr, auch weil die Sängerinnen ihre Not so glaubhaft verkörpern, allen voran Anne Preuß als Martha. Stimmlich durchlebt sie die Emotionen mit ihrem substanzreichen, in allen Lagen und Lautstärken eindrücklich beherrschten Sopran. (...) Ein Ende in stiller Trauer. Dieses Werk sollte auf jedem Spielplan stehen.“
Nora Sophie Kinast, Opernwelt, Mai 2019„Annette Schönmüller bringt dies vokal wie schauspielerisch derart packend auf die Bühne, dass einen schier ein kalter Schauer befällt. Ihr Bühnenpartner János Ocsovai bleibt seiner Partie als aalglatter Diplomatentyp, der nur auf seine Karriere und Reputation bedacht ist, ebenso wenig schuldig - eine Idealbesetzung. Kuntze gelingt bis hierher durch die Verschränkung der Zeit- und Raumebene und durch den szenisch geschickt als mahnend-/ anklagenden Kommentator eingesetzen Chor ein Opernabend, wie er packender nicht sein könnte. (...) Und so wird - der Drehbühne sei Dank - der Innenraum des Kreuzfahrtschiffes zur KZ-Hölle. Eine großartige Idee. (...) Es schnürt einem schier die Kehle zu, keine Hand rührt sich zum Applaus. 15 Minuten lang absolutes Schweigen, Stille, Gedenken.“
Daniel Hirschel, Opernglas, Mai 2019„Das Team tut gut daran, auf einen brutalen Aktionismus im Konzentrationslager zu verzichten. Jede der Insassinnen trägt ihr Schicksal mit sich. Mal laut, mal leise geben sie es preis. (...) Man kann und will das Gesehene nicht verdrängen. Bewundernswert ist nicht nur die szenische, sondern auch die musikalische Realisierung. (...) Die Liste der Mitwirkenden ist lang. Sie alle haben ambitioniert zu einem bewegenden Opernabend beigetragen. (...) Anne Preuß war die Martha. Sie verkörperte eine unbeugsame, aufrichtige Frau! Ihre Stimme klang ausgewogen und war in allen Registern präsent. Ihr Spiel ist durchweg den situativen Gegebenheiten angepasst. Nichts wirkt aufgesetzt, dafür aber zutiefst verinnerlicht. Eine großartige Leistung! (...) Der Chor in der Einstudierung von Gerald Krammer war gesanglich und darstellerisch ebenfalls voll gefordert und überzeugte in allen Belangen. Wider das Vergessen. Oper vermag vieles. Auch sie hält Erinnerungen wach - so oder so!“
Christoph Suhre, DER NEUE MERKER, April 2019Fotos: Ronny Ristok