Farce von Rosa von Praunheim
Ab 16 Jahren
„Das war nicht lustig, hier entschied sich das Schicksal Deutschlands.
Hätte Hitler seinen Schwanz behalten, wäre alles ganz anders gekommen.“
Rosa von Praunheim
Laut einem Spielgefährten soll Adolf Hitler in seiner Kindheit von einer bissigen Ziege entmannt worden sein – eine Verstümmelung mit massiven psychohistorischen Auswirkungen für den Knaben sowie die gesamte Weltgeschichte. Bereits Voltaire schrieb, der Kammerdiener von Friedrich dem Großen habe seinem Herrn „in mehr als einer Weise zur Aufmunterung“ gedient – was die Forschung jahrzehntelang unter den Tisch fallen ließ, als täte diese Information der historischen Persönlichkeit irgendeinen Abbruch. Aus Briefwechseln ist zudem bekannt, dass der Preußenkönig wegen des vielen Reitens unter gesundheitlichen Problemen am Gesäß litt.
Diese und andere Gerüchte um die sexuelle Orientierung, Vorlieben, Erkrankungen und etwaige Perversionen der beiden Männer, die, jeder auf seine Weise, die deutsche Geschichte nachhaltig geprägt haben, verarbeitet Autor und Filmemacher Rosa von Praunheim (*1942) in seiner zwischen Farce und Trash oszillierenden musikalischen Revue. Das Urgestein der deutschen LGBTQ+-Bewegung exerziert die Themen darin genüsslich wie derb bis tief unter die Gürtellinie durch und entzaubert quasi nebenbei Mythen und Legende neurechter Populisten.
Hitlers Ziege und die Hämorrhoiden des Königs ist eins der drei Gewinnerstücke der Autoren[theater]tage 2020 am Deutschen Theater Berlin.
„Antonia Marie Waßmund ist als junger Hitler in Sepplhose zwischen eigenem Geniekult und Wahnsinn groß. Mal hippeliges, aufgeregtes Kind, mal den tönenden Politiker vorwegnehmend, zeigt sie große parodistische Gabe. Umso erstaunlicher, dass Michaela Dazian nicht nur lustige Rollen um ihn herum spielt, sondern es ihr im zweiten Teil ebenso gelingt, den Diktator auf ihre Weise schillernd zu persiflieren. Beide zeigen genau herausgearbeitete Figuren, bei denen jede mimisch-gestische Übertreibung sitzt. Ihr Timing ist gut, die Spiellust schießt über, sodass der Abend zum fetzigen Schauspielerinnentheater gedeiht.“
Tobias Prüwer, Die deutsche Bühne, Januar 2023„[...] Eine (w)irre Story, die in Gera auch mit einer gehörigen Portion Wahnsinn auf die Bühne gebracht wird. Dort agieren aber nicht zwei alte Männer, sondern mit Michaela Dazian und Antonia Marie Waßmund zwei junge Frauen, die sich mit aller Leidenschaft und Spielfreude in diese Farce stürzen und dem Publikum einen knapp anderthalbstündigen Parforceritt in Sachen durchgeknallter deutscher Geschichte und deren Langzeitfolgen auch für unser hier und heute bieten.“
Wolfgang Schilling, MDR Kultur, Januar 2023„Die zwei brillanten Komödiantinnen verkörpern die Mannigfaltigkeit an Figuren mit beeindruckender Leichtigkeit, behaupten zugleich den bizarren Ideenkosmos von Praunheim und Popp mit begnadeter Souveränität. Beim Applaus möchte man gern den Spieß umdrehen und sich vor ihnen verneigen. Aber auch Regisseur Damian Popp, Ausstatterin Hanne Konrad und der musikalische Leiter Olav Kröger werden zu recht vom Publikum gefeiert. An ihrer Bühnen-Welt, in die sie diese Farce setzen, stimmt einfach alles, inklusive absurder Rodeo-Ziege. Eine Sternstunde Theater, die gelegentlich auch an Charlie Chaplins „Großen Diktator“ denken lässt.“
Ulrike Merkel, Thüringische Landeszeitung, Januar 2023„Hier gelangt eine aberwitzige Parodie, eine grelle Travestie: „Hitlers Ziege und die Hämorrhoiden des Königs“, eine Farce im Kolportagestil, angelegt zwischen Andichtung und Halbwahrheiten, erstmals nachgespielt, seitdem sie der schwule Filmemacher und spätberufene Dramatiker Rosa von Praunheim 2020 selbst für die Autorentage am Deutschen Theater Berlin inszenierte.“
Michael Helbing, Theater der Zeit, Februar 2023